Jugendstrafrecht - wann machen sich Jugendliche strafbar?
Rechtswidriges Verhalten von Jugendlichen ist keine Seltenheit. Nicht erst durch Vollendung des 18. Lebensjahres sind Taten mit strafrechtlichem Bezug möglich. Auch darunter können Jugendliche durchaus strafrechtlich in Schwierigkeiten kommen, wenn Sie gegen Recht und Gesetz verstoßen. Doch wo genau liegen die Grenzen der Strafbarkeit für Minderjährige und was gilt im Vergleich zu Kindern und Erwachsenen? In diesem Beitrag werfen wir einen genaueren Blick auf das Jugendstrafrecht und verraten Ihnen, welche Besonderheiten es gibt.
So unterscheiden sich Jugendstrafrecht und normales Strafrecht
Jugendstrafrecht und Erwachsenenstrafrecht unterscheiden sich in mehreren wesentlichen Punkten. Während das Strafrecht für Erwachsene primär auf Bestrafung und Abschreckung ausgelegt ist, verfolgt das Jugendstrafrecht einen erzieherischen Ansatz. Ziel ist es, junge Täter wieder in die Gesellschaft zu integrieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, aus ihren Fehlern zu lernen. Daher werden oft mildernde Maßnahmen wie Erziehungsmaßregeln, Sozialstunden oder Bewährungsstrafen verhängt. So werden die Jugendlichen vor größeren Strafen bewahrt.
Ein weiterer zentraler Unterschied liegt in der Strafmündigkeit. Kinder unter 14 Jahren gelten in Deutschland als strafunmündig, was bedeutet, dass sie für Straftaten nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren hingegen sind bedingt strafmündig, sodass ihre Reife und Einsichtsfähigkeit im Einzelfall geprüft wird. Bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 21 Jahren kann unter bestimmten Umständen weiterhin das Jugendstrafrecht angewendet werden. Wovon dies abhängt, zeigen wir später in diesem Beitrag.
Seit wann kommt Jugendstrafrecht zur Anwendung?
Das Jugendstrafrecht in Deutschland existiert in seiner heutigen Form seit dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) von 1923, das am 1. Januar 1924 in Kraft trat. Es wurde eingeführt, um Jugendlichen eine andere strafrechtliche Behandlung als Erwachsenen zu ermöglichen, da sie sich noch in der Entwicklung befinden und leichter zu erziehen sind. Vor der Einführung wurden auch die Jugendlichen nach allgemeinem Strafrecht behandelt, wodurch es häufig schon in jungen Jahren zu folgenschweren Entscheidungen kam. Mit dem Jugendstrafrecht standen aber Resozialisierung und Erziehung im Vordergrund, was in vielen Reformen bestätigt wurde.
Diese Altersstufen kennt das Jugendstrafrecht
Jugendstrafrecht orientiert sich nicht an strengen Altersgrenzen. Nur unter 14 Jahren bleibt die strafrechtliche Verurteilung vollständig ausgeschlossen. Über diese Grenze hinaus ist es nicht nur das Lebensjahr, nach dem sich die Anwendung des Jugendstrafrechts entscheidet. Auch die geistige Reife und das Bewusstsein für die getroffene Entscheidung kommen dabei in der vorherigen Beurteilung zur Anwendung. Die folgenden drei Gruppen sind zu unterscheiden:
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Kinder unter 14 Jahren
Kinder unter 14 Jahren gelten als strafunmündig und können für Straftaten nicht strafrechtlich belangt werden. Falls sie dennoch auffällig werden, können lediglich erzieherische Maßnahmen durch das Jugendamt oder die Schule ergriffen werden. In schweren Fällen kann das Familiengericht eingeschaltet werden, um beispielsweise eine externe Betreuung anzuordnen.
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Jugendliche bis zu 18 Jahren
Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren sind bedingt strafmündig, was bedeutet, dass sie für Straftaten verantwortlich gemacht werden können, wenn sie Einsichtsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein besitzen. Das Jugendstrafrecht findet in diesem Alter zwingend Anwendung und legt den Fokus mit Erziehungsmaßregeln auf Erziehung statt auf Bestrafung.
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Heranwachsende bis zu 21 Jahren
Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren befinden sich in einer Übergangsphase zwischen Jugend- und Erwachsenenalter. Hier entscheidet das Gericht im Einzelfall, ob das Jugendstrafrecht angewendet wird. Maßgeblich ist die persönliche Reife des Täters: Falls er noch als jugendlich in seiner Entwicklung gilt, kann Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen.
Ist nach dem Gesetzeswortlaut die Anwendung von Jugendstrafrecht bei Heranwachsenden in § 105 JGG noch als Ausnahme geregelt, hat sich die gerichtliche Praxis über die Jahrzehnte dahingehend entwickelt, dass in der weit überwiegenden Anzahl der von Heranwachsenden begangenen Straftaten Jugendrecht zur Anwendung kommt. Wichtig ist es indes hier, dass in einem Verfahren für Gericht und Staatsanwaltschaft mögliche Anknüpfungstatsachen für die Anwendbarkeit von Jugendstrafrecht herausgestellt werden. Ein Strafverteidiger wird diesen Aspekt in dieser Altersstufe für seinen Mandanten regelmäßig im Blick haben.
So ist ein Verfahren im Jugendstrafrecht gestaltet
Auch im Ablauf des juristischen Verfahrens unterscheidet sich das Jugendstrafrecht deutlich vom allgemeinen Strafrecht. Eine zentrale Rolle spielt die Jugendgerichtshilfe, die bereits früh im Verfahren eingebunden wird. Sie setzt sich aus Fachkräften der Sozialarbeit und Sozialpädagogik zusammen und unterstützt das Gericht dabei, die Persönlichkeit des Jugendlichen sowie geeignete Maßnahmen zu beurteilen. Besonders für Fragen, ob auch bei Heranwachsenden das Jugendstrafrecht angewendet wird, ist diese Empfehlung bedeutsam.
Die gesetzlichen Vertreter besitzen im Jugendstrafverfahren umfassende Mitwirkungsrechte. Zudem ist die Hauptverhandlung gegen einen Jugendlichen - anders als bei einem Heranwachsenden - grundsätzlich nicht öffentlich, um den Jugendlichen vor sozialer Stigmatisierung zu schützen. Untersuchungshaft soll nur als letztes Mittel verhängt werden und wird, wenn möglich, durch alternative Maßnahmen ersetzt.
Was sind die Folgen einer verhängten Jugendstrafe?
Eine Jugendstrafe ist die härteste Sanktion im Jugendstrafrecht und wird nur verhängt, wenn Erziehungsmaßnahmen oder Zuchtmittel nicht ausreichen. Sie kann grundsätzlich zwischen sechs Monaten und zehn Jahren betragen. Wird ein Heranwachsender nach Jugendstrafrecht wegen Mordes verurteilt, liegt die Strafobergrenze bei fünfzehn Jahren, wenn eine besondere Schwere der Schuld gegeben ist (§ 105 Abs. 3 JGG).
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Haft in einer Jugendstrafanstalt
Der Verurteilte muss die Strafe in einer speziellen Jugendstrafanstalt verbüßen. Diese Einrichtungen sind darauf ausgerichtet, den Jugendlichen durch schulische und berufliche Bildungsangebote sowie soziale Betreuung auf ein straffreies Leben danach vorzubereiten.
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Eintragung in das Erziehungsregister
Jugendstrafen bis zu zwei Jahren auf Bewährung sowie Erziehungsmaßnahmen und Zuchtmittel erscheinen nicht im Führungszeugnis, sondern werden in einem separaten Erziehungsregister erfasst. Erst bei einer Jugendstrafe, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde, erfolgt unabhängig von der Dauer der Jugendstrafe (also auch bei Jugendstrafen unter zwei Jahren) eine Eintragung in das Führungszeugnis, was sich auf berufliche Möglichkeiten auswirken kann.
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Frühzeitige Entlassung auf Bewährung
Jugendliche haben in der Regel bessere Chancen auf eine frühzeitige Entlassung auf Bewährung als erwachsene Strafgefangene. Dies soll ihnen ermöglichen, sich schneller wieder in die Gesellschaft einzugliedern und ein straffreies Leben zu führen.
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Bewährung und präventive Nachbetreuung
Auch nach einer Jugendstrafe kann das Gericht eine Bewährungszeit festlegen, in der der Verurteilte sich an bestimmte Auflagen halten muss. Sozialarbeiter oder Bewährungshelfer unterstützen dabei, eine Rückfälligkeit zu vermeiden und eine positive Entwicklung zu fördern.
Strafbarkeit unter 14? Diese neuen Ansätze gibt es
In Deutschland sind Kinder unter 14 Jahren strafunmündig, doch die Diskussion über eine Absenkung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre nimmt zu. Befürworter argumentieren, dass viele Kinder in diesem Alter bereits zwischen Recht und Unrecht unterscheiden können und eine strafrechtliche Verantwortung abschreckend wirken könnte. Kritiker hingegen sehen den Fokus eher auf erzieherischen Maßnahmen, um kriminelle Entwicklungen frühzeitig zu verhindern.
Ein weiterer Ansatz ist die Stärkung präventiver Maßnahmen anstelle strafrechtlicher Verfolgung. Spezialisierte Jugendämter oder Sozialdienste könnten straffällige Kinder eng begleiten, um sie wieder in die Gesellschaft zu integrieren. In anderen Ländern wie England oder den Niederlanden existieren bereits flexible Modelle, bei denen in bestimmten Fällen eine Strafbarkeit ab 12 Jahren möglich ist. Damit es auch in Deutschland zu einer solch drastischen Veränderung des Strafrechts kommen kann, müsste gesetzlich noch einiges geändert werden.
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Ein Strafverfahren kann für Jugendliche und ihre Familien eine große Belastung sein - umso wichtiger ist kompetente rechtliche Unterstützung. Wir stehen Ihnen mit Erfahrung und Fachwissen zur Seite, um die bestmögliche Lösung für den betroffenen Jugendlichen zu erreichen. Ob es um eine Verteidigung vor Gericht, Beratung zu Erziehungsmaßnahmen oder die Vermeidung einer Jugendstrafe geht - hier bei Kuhagen begleiten wir Sie durch den gesamten Jugendprozess und setzen uns stets für eine möglichst schonende und zukunftsorientierte Lösung für unsere jugendlichen und heranwachsenden Mandanten ein.
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